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Der Seelenfänger von Capri – von Menschen und Tieren

Der praktizierende Fürther Tierarzt Dr. Klaus Witt veröffentlicht mit dem Buch Der Seelenfänger von Capri – von Menschen und Tieren ein Manifest, in dem er für mehr Bewusstsein beim Einkauf und Konsum von Tierprodukten plädiert. „In einer Welt, in der Tiere zunehmend gering geachtet werden, muss man sich zum Trotz für die Tiere einsetzen“, fordert Witt. Der Dank für ein Umdenken: Ein besserer Umgang mit Tieren würde nicht nur ihr sondern auch das Leben der Menschen würdiger machen.

Tiere sind für ihn Brüder und Schwestern. Die Liebe zu ihnen, zu den Pflanzen und zu allem, was lebt, schließt immer Menschenliebe mit ein. Schon als Jugendlicher findet er in den Büchern von Axel Munthe seine Gedanken und Gefühle wieder. So entsteht die Sehnsucht nach der italienischen Insel Capri im Golf von Neapel. Seine Approbation zum Tierarzt und das Todesurteil Krebs für seine Mutter treffen ihn fast zur gleichen Stunde und so ist es augenblicklich sein innigster Wunsch, der Mutter noch seine Lieblingsinsel zu zeigen. Kaum auf Capri angekommen, lernen sie den charismatischen Dottore, den Tierarzt der Insel kennen. Ein Seelenfänger. Das blaue Meer, die mediterrane Lebensart, fröhliche Feste, Freundschaft, Liebe, Eros – aber auch Krankheit, Abschied und Tod.

Leseproben aus dem Buch der Seelenfänger von Capri

(…)

Später, als ich sah, dass es Tierärzte schon lange gab (so lange wie Ärzte und sogar noch länger) und was alles zu den Tätigkeitsgebieten und Aufgaben eines Tierarztes gehört, wollte ich erst recht nur ein Tierarzt sein, der sich ausschließlich um die Heilung kranker Tiere kümmert und nicht um Methoden, wie man die Tiere möglichst rationell und gewinnbringend ausbeutet. Genausowenig wollte ich Dinge tun, wie ich sie jetzt gleich mit meinen beiden Kollegen erleben würde, auch wenn mich das in diesem speziellen Falle unheimlich interessierte.

Unsere Welt wurde, von wem auch immer, so eingerichtet, dass die meisten Lebewesen nur dann überleben können, wenn sie das Leben anderer auslöschen. Es ist, wie schon erwähnt, ein  idiotisches und brutales Prinzip, das Gewaltprinzip. Der älteste und schwerste ethische Konflikt in der Geschichte der Menschheit, ja, des Lebens auf dieser Erde! Ich fürchte, mehr oder weniger faule Kompromisse zu schließen wird das Einzige sein, was uns dagegen zu tun übrigbleibt! Selbst weniger imperialistische und blutige Religionen als Christentum und Islam fanden und finden keine echte Lösung, außer eben faulen, sprich unlogischen und inkonsequenten Kompromissen, da es offensichtlich unmöglich ist, zu leben ohne anderes Leben zu vernichten.

Für die Mitglieder einer Gesellschaft, die Fleisch und andere tierliche Produkte konsumieren will, ist es allerdings lebenserhaltend und gesundheitssichernd, dass Fachleute so etwas wie Schlachtkontrolle und Lebensmittelhygiene durchführen und gewährleisten. Der Tierarzt ist nun einmal aufgrund seiner umfassenden Ausbildung der Geeignetste hierfür. Es ist in seiner Berufsordnung verankert, dass er sowohl zum Wohl der Tiere, als auch zum Wohl der Menschen zu handeln hat. Das beinhaltet auch, dass er auf eine Sicherung und Steigerung der Qualität tierlicher Produkte hinzuwirken hat. Er, und nicht Ärzte oder Lebensmittelchemiker oder sonstwer, ist in erster Linie zuständig für die Volksgesundheit, wo immer sie etwas mit Tieren, deren Krankheiten oder deren Produkten zu tun hat.

Na gut, das alles ist noch nie meine Vorstellung von der Tätigkeit eines Arztes für Tiere gewesen. Ich wollte auch nie ein Amtstierarzt oder ein Schlachthoftierarzt sein und verzichtete lieber auf jegliche staatliche Unterstützung. Der italienische Kollege aus dem Ministerium hatte sich ganz anders entschieden und dafür eine gesicherte Existenz bekommen.

(…)

Ich empfand ebenso. Es war geradezu eine Gnade. Wir waren Auserwählte.
Welcher Tourist konnte jemals derart hinter die Kulissen dieser wunderbaren Insel schauen wie wir. Und zwar in jeder Beziehung und nicht nur was das Tiermedizinische, Gesundheitsamtliche, sondern eben auch was das Menschliche, Allzumenschliche betrifft. Wir waren Lieblinge der Götter! Sie ließen uns an Dingen auf dieser göttlichen Insel teilnehmen, die andere erst, wenn überhaupt, erfahren durften, wenn sie sich, inspiriert durch einen Kurzbesuch, dazu entschlossen hatten, hier zu leben und nach Jahren allmählich das Vertrauen der Inselbewohner gewonnen hatten. Solche Leute, so zu sagen eine Art Aussteiger, gab es einige auf der Insel, vor allem deutsche.

(…)

Als ich am Nachmittag unten in Capri aus dem kleinen, orangefarbenen Bus stieg, wehte eine schwüle Brise durch die Gassen, als hätte jemand einen riesigen Föhn auf die Insel gerichtet. Die Häuser, die Wege, die Menschen und im Hintergrund die Felswände waren in ein geheimnisvolles Licht getaucht. Es sah alles irgendwie fremdartig, unwirklich aus. So, als betrachte man einen Film auf einer Leinwand vom Dunkel eines Zuschauerraumes aus. Oder als träume man nur, durch diese malerischen Gassen, durch dieses Gewimmel von Touristen und Einheimischen zu laufen, besser gesagt, schlafzuwandeln.

Ich ertappte mich dabei, wie ich in die empfindliche Haut an der Innenseite meines Oberarmes kniff. Autsch, ich spürte mein Kneifen ganz deutlich, also musste es doch wahr sein! Kein Traum. In irgendeiner Wirklichkeit zumindest musste es sich abspielen. In welcher, kann ja letztendlich keiner von uns wissen. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass alles irgendwie wirklich und gleichzeitig auch irgendwie unwirklich, traumhaft, war.

[box type=“info“]Das im KOMPLETT-MEDIA Verlag erschienene Buch „Der Seelenfänger von Capri“ beschreibt sich als einen leidenschaftlicher Appell an Gefühle und Verantwortung sowie als philosophische Abhandlung, Roman und farbig lebendiges Reisetagbuch in einem.[/box]

 


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